Die Stadt Bandung und die Leute in “The Attic” waren mir schon ans Herz gewachsen, aber wenn es am Schönsten ist, soll man ja angeblich gehen. Eine 8 Stunden Zugfahrt bringt mich weiter in den Osten der Insel Java, nach Yogyakarta.
Die Stadt ist eine kulturell-aufgeschlossene, bunte Studentenstadt. Es gibt moderne Cafés mit belgischen Schoko-Lava-Cakes neben traditionellen Straßenständen und Buffet-Restaurants, in denen man sich nach Herzenslust quer durch die indonesische Küche schlemmen kann.
Dass es hier viele junge Studenten und Studentinnen gibt, merken die meisten Touristen bald einmal. Man wird des Öfteren interviewt und auf der Straße angesprochen. Sobald sich die ersten jungen Leute überwunden haben, die exotischen Westler anzusprechen, folgen auch bald die nächsten Gruppen. Das kann schon mal einige Zeit in Anspruch nehmen und dezent Nervenraubend sein. Aber man bemüht sich dann doch immer und versucht die Geduld zu bewahren, schließlich sind die jungen Mädels immer sehr höflich und süß.
Eine der Universitäten hier ist die ISI-University. Hier können auch Austauschstudenten/-innen lernen, wie man die traditionelle Kunst des Batikens erlernen kann. Früher wurde sie von jungen Frauen gefordert, um schon vor der Hochzeit und Familiengründung die Geduld des Mädchens zu veranschaulichen. Sie musste einen Sarong (ein Tuch mit ca. 1x2m Größe) gestalten und diesen ihren zukünftigen Mann schenken.
Einige junge Leute aus meinem Hostel und ich besuchen den Batik-Shop der Universität und dürfen beim Herstellen eines Tuches zusehen und auch selbst probieren. Batiken ist gar nicht so einfach! Viele denken, wie auch ich anfangs, an die bunten Hippie-Shirts, die zu Beginn der Herstellung mit Schnüren gebunden und dann gefärbt werden. Hier aber ist es eine echte Kunst und läuft etwas anders ab: Zuerst muss ein Bild gestaltet und gut durchdacht werden. Es folgt die erste Schicht, bei der mit Bienenwachs die weiß bleibenden Flächen „übermalt“ werden. Danach wird das komplette Tuch mit der hellsten Farbe gefärbt. Nachdem das Tuch getrocknet ist, wird das Wachs an bestimmten Stellen entfernt bzw. erweitert und zwar an denen Stellen, an denen die hellste Farbe wiederrum bestehen bleiben soll. Danach wird mit der zweithellsten Farbe gefärbt. Diese Schritte wiederholen sich bis zur dunkelsten Farbe. Im Prinzip sorgt das Wachs für die Konservierung der darunterliegenden Schichte, zum Schluss wird das Wachs mit heißem Wasser ausgekocht und das bunte Kunst-Tuch ist fertig.
Verwendet werden Tücher aus Baumwolle oder Seide. Gefärbt werden darf nur vormittags bis maximal 10Uhr, da es sonst zu heiß wird und das Wachs schmilzt. Für kleiner Tücher benötigen geschickte Finger ungefähr eine Woche, für Sarongs kann man schon einmal 1-2 Monate brauchen.
Rund um das Batiken hat sich in Jogja, so nennen die Einheimischen Yogyakarta, eine richtige Mafia gebildet. Viele fertigen billige, bedruckte Tücher und Kleidungsstücke her und verkaufen sie als teure Batik-Handarbeit. Unwissende Touristen fallen leider regelmäßig darauf herein, da sie nicht wissen, wie man den Unterschied erkennt. Sie bräuchten dazu nur das Tuch umdrehen. Echte Batik ist beidseitig, da das Wachs durch den Stoff durchgeht und so auch die Rückseite beim Färben schützt. Gefinkelte Händler bedrucken daher schon einmal die Stoffe beidseitig. Beim Kauf sollte man daher auch immer eine Flasche mit Wasser mitnehmen, echte Batik verläuft bei Nässe auf dem Tuch nicht, Druck sehr wohl.
In der großen Markthalle im Zentrum von Jugja gibt es solch gewitzten Händler zu genüge. Einen Stockwerk höher aber findet man neben schicken Klamotten auch Obst, Gemüse und Gewürze. Ein Paradies für Farb- und Duftliebhaber wie mich! Außerdem kann man sich durch kuriose Leckereien durchprobieren und trifft auf liebe Verkäuferinnen. Einer der Verkäufer bietet sich uns gleich als Führer an und zeigt uns den kompletten Markt. Am spannendsten war die Heilkräuter- und Teeabteilung. Bestimmte Chilisorten gegen Fieber oder Holzstücke im Tee gekocht gegen Diabetes – gegen jedes Leiden gibt es hier etwas zu kaufen.
Eine Besonderheit gibt es in dieser Stadt noch – Yogyakarta wird noch als einzige Stadt in Indonesien von einem Sultan regiert. Da Indonesien aus unendlich vielen Kulturen und Stämmen besteht, gab es bis zum Ausruf der Republik nach dem 2. Weltkrieg viele kleine Sultanate und Königreiche, die danach verboten wurden. Der 9. König von Jogja aber „durfte“ bleiben, da er den Großteil seines Vermögens an die arme, vom Krieg gezeichnete Bevölkerung gespendet hat und wesentliches zur Erstehung der Republik beigetragen hat, erzählen mir Einheimischen.
Generell finde ich es wahnsinnig spannend, wie sich Indonesien zusammensetzt. Tausende Inseln (17.508 um genau zu sein), die sich auf einer Fläche von ca. 1.900.000 km2 erstrecken. Kulturen wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, verschiedenste Naturreligionen, teilweise in unterschiedlichen Graden mit Islamismus vermischt, unzählige verschiedene Sprachen, die eine gemeinsame „erfundene“ Amtssprache „Bahasa“ (Indonesisch) teilen. In armen, aber touristischen Regionen wird neben der lokalen Sprache meist Englisch und nicht Bahasa als Zweitsprache gesprochen, daher müssen auch Einheimische, die z.B. von West-Java auf die Gilis reisen Englisch mit den dort ansässigen sprechen. Jede Region hat eine eigene Sprache, Dialekte wären zu untertrieben! Einfach unvorstellbar, wenn man bedenkt, dass ganz im Osten von Indonesien, z.B. auf Papua noch unerforschte Naturvölker und Kannibalen leben, gleichzeitig aber hier auf Java es ziemlich „westlich“ zugeht. Wie schräg wäre es bitte, wenn das auch so in Österreich wäre!? In Wien leben gebildete, „westliche“ Menschen und je westlicher man kommt, desto uriger und „steinzeitiger“ wird es!? Tiroler, die im Lendenschurz über die Alpen laufen und sich von rohem Fleisch ernähren…. Haha. In Indonesien ist es aber tatsächlich so. Ziemlich schräg, oder?
Damit sich aber alle zumindest halbwegs verständigen können, muss zumindest in jedem Dorf das Oberhaupt Bahasa sprechen. Sinnvoll, da dann Gesetze erklärt werden können. Wie die korrupten Politiker in Jakarta aber über diese Naturvölker herrschen wollen, ist mir immer noch ein Rätsel.
Korrupt? Ja, korrupt, und wie! Dieses Wochenende finden auch wieder Proteste statt. Die oberen Politiker sind alle durchwegs Christen, die von der Industrie geschmiert werden und sich so Riesenmengen an Geld einheimsen, das die Bevölkerung dringendst brauchen würde, um beispielsweise allen Kindern eine Schulausbildung zu ermöglichen, den Ausbau und die Renovierung des Bahnsystems, das die Niederländer errichtet haben oder auch eine Einführung einen Mülltrennungssystems wäre nicht schlecht. Das diese Politiker Christen sind, ist deshalb so eigenartig, da die Mehrheit der Bevölkerung Muslime sind, die sich dadurch natürlich nicht repräsentiert und vertreten fühlen. Wegen all dem und noch mehr sind verständlicherweise Proteste. Den Naturvölkern auf Papua ist das wahrscheinlich trotzdem herzlich egal…
HIER zum aktuellen Artikel auf zeit.de
So, genug für diesmal. Die wundervolle Kultur und Tempelanlagen rund um Yogyakarta werde ich in einem extrigen Beitrag vorstellen, da ich solch Tempel liebe und unendlich viele Fotos gemacht habe, die ich gerne mit euch teilen würde.
Wie findet ihr diese Auf- und Einteilung Indonesiens? Habt ihr gewusst, dass es so etwas wie erfundene Amtssprachen gibt? Mir war das neu….