Das Leben auf Fiji

Wie ich meine Reise auf den Yasawa-Inseln gestaltet habe, konntet ihr ja bereits schon lesen. Manche von euch haben sich aber vielleicht währenddessen gefragt „Wie ist nun das Leben auf Fiji?“. Ich versuche euren Wissensdurst zu gut wie möglich zu stillen, Prost! Oder wie man in Fiji sagt – Bula!

Das Leben rund um Nadi ist hektisch, reger Verkehr, die Menschen sind aufgeweckt. Besonders aufgefallen ist mir das, als der alte, verrostete Bus dem Busfahrer mitten auf der Kreuzung abgestorben ist. Abgesehen davon, dass das in Europa so gut wie niemals passiert, haben die Menschen nicht mit einem Augendrehen reagiert – im Gegenteil. Die Passagiere sind in herzhaftes Gelächter ausgebrochen und haben auf den Busfahrer gedeutet, sie haben ihn tatsächlich voller Lust und Laune ausgelacht. Ich fand das unglaublich lustig und schön. Humor ist schließlich eines der wichtigsten Eigenschaften, meiner Meinung nach.

anstatt auf einer Straße, kann es auch schon einmal vorkommen, dass am Strand gefahren wird…

 

Es geht also auf Vitu Levu ziemlich westlich zu. Erwachsene gehen einem regelmäßigen Job nach, Jugendliche studieren. Warum ich das noch einmal klarmachen möchte? Tja, auf den Yasawa Inseln herrscht Fiji-Time!

„Aha, Fiji-Time.“, denkt ihr euch vielleicht nüchtern, „Klingt nach Urlaub.“ Ist es auch! Und zwar nicht nur für die Reisenden und Urlauber unter uns, auch für die Einheimischen! Mir wurde immer wieder erklärt, dass viele einige Jahre auf der Hauptinsel arbeiten und das auch unglaublich gerne tun. Aber nach einiger Zeit wird es zu anstrengend, täglich für sein Essen und seine Wohnung zu arbeiten, also ziehen sie sich anschließend für einige Monate auf eine der vielen kleinen Inseln zurück, auf der sie aufgewachsen sind oder Verwandte haben.

What time is it?

 

So wie auch Joe es getan hat, bei dessen Familie ich die letzte Nacht vor meinem Abflug verbracht habe. Er ist Student und arbeitet daneben. Quasi als Urlaub verbringt er einige Monate auf Wayalailai, um Fiji-Time zu genießen.

So sehr sie ihre Freizeit auf den abgelegenen Inseln auch genießen, vermissen sie doch die Hauptinsel und das Leben da. Schließlich braucht man da nur in den nächsten Supermarkt zu gehen, um sich essen zu holen, es gibt Autos und Busse. Auf den kleinen Inseln musst du dir dein Essen selbst aus dem Meer fischen, erst eine Kasava-Wurzel ausgraben oder zwei Stunden mit dem Boot zur Hauptinsel fahren. Man kann halt nicht alles haben.

Zum Tauschen geht’s mit Bananenpflanze auf die Hauptinsel

 

Viele der jungen Männer kommen auch nach ihrer Rugby-Karriere zurück auf die Inseln. (Ich persönlich habe keinen einzigen Mann getroffen, der nicht zumindest einmal in seinem Leben in irgendeinem Team gespielt hat – es ist einfach Nationalsport Nummer 1!) Die ehemaligen Sportler suchen sich eine Frau und beginnen ihr ruhiges Leben als Farmer oder Fischer.

In dem Dorf auf Wayalailai, in dem ich einige Tage verbringen durfte, arbeiten einige Dorfbewohner auch in dem kleinen dorf-eigenen Resort. Das wird allerdings auch nicht allzu ernst genommen. Anscheinend gibt es keinen Plan, wer wann Schichten übernimmt. Jeder arbeitet wann er will, und je nachdem, ob er das Geld benötigt oder nicht. Gewinne werden im Dorf aufgeteilt oder in das Resort investiert.
Zuletzt wurde ein neuer Klassenraum gebaut, was am Tag meiner Ankunft kräftig mit einer Bowle Kava zelebriert wurde. Außerdem hat jeder aus dem Dorf bzw. auch die anwesenden Touristen eine Kleinigkeit gespendet, damit Unterrichtsmaterialien eingekauft werden können!

Die Dorfgemeinschaft ist auch deswegen so wichtig und innig, da so ziemlich alle der ca. 100 Personen miteinander verwandt ist. Man hat mir erklärt, dass ihr gemeinsamer Ur-ur-Opa fünf Söhne und fünf Töchter hatte. Die Söhne blieben alle auf der Insel, die Töchter wurden auf andere Inseln verheiratet. Einmal im Jahr gibt es ein riesiges Familientreffen. Da müsste es dann also ordentlich zugehen!

Was ich in Gesprächen mitbekommen habe, ist Inzucht schon auch Thema. Sie versuchen zwar, Frauen von der Hauptinsel her zu bekommen, aber es ist nicht so einfach, dieses „arme“ Leben allen Frauen schmackhaft zu machen. Zumindest wird darauf geachtet, dass wenn die neue Freundin auch gleichzeitig die Cousine ist, einen Vater oder Mutter von „außerhalb“ hat. Die Kinder im Dorf haben mir zumindest alle sehr gesund und aufgeweckt erschienen.

In meiner Gastfamilie wurde außerdem der kleine Junge der Schwester meiner Hostmama mit aufgezogen. Eppi ist also ein Cousin-Bruder. Wenn Mütter keinen Platz oder zu wenig Geld haben, kann es also schon einmal passieren, dass die Kinder bei der Tante aufwachsen. Mir wurde gesagt, dass Eppi Bescheid weiß, dass Sherry seine Tante und nicht die Mutter ist. Wie sehr ein kleiner Junge das verstehen kann, sei dahin gestellt.

Spannend sind auch noch die Verhältnisse zwischen den Cousins und Cousinen. Immer wieder wurde von „Bad-Cousins“ und „Good-Cousins“ gesprochen. Anscheinend gibt es von Geburt an einen Unterschied im Verhältnis zwischen den Verwandten. Cousins und Cousinen, die über die geschwistrigen Väter oder geschwistrigen Mütter verwandt sind, sind Good-Cousins. Könnte daher kommen, dass Schwestern unter sich bzw. Brüder unter sich ein besseres Verhältnis pflegen. Kinder eines Bruders und einer Schwester sind somit „Bad-Cousins“. Welchen Unterschied macht das in der Umgangsweise? Bad-Cousins dissen sich ständig, immer, den ganzen Tag lang! Sie verarschen sich andauernd! Good-Cousins sind wie Bruder und Schwester und helfen sich gegenseitig, wann immer es nötig ist. Irgendwie schon lustig, wie gesellschaftlich gegliedert es sein kann, wen man mag und wen nicht. Wenigstens kann man seine schlechte Laune jederzeit raus lassen.

Geheiratet wird in den kleinen Dörfern relativ zeitig. Mir wurde erklärt, dass ich mit meinen 24-25 Jahren schon fast etwas zu alt dafür sei. Spannend war es für mich also, als ich mit den gleichaltrigen Mitarbeitern im „White Sandy Beach Resort“ darüber gesprochen habe. Sie wollen sich den alten Regeln nicht mehr beugen. Sie haben auch immer wieder erwähnt, wie Facebook und Co ihnen das erst so richtig klar gemacht haben. Auch sie wollen erst das Leben genießen, bevor es so richtig ernst wird.

Sie haben von sich aus auch gemeint, nicht mehr so religiös zu sein, wie ihre Eltern. An Gott glauben sie schon, und sie vertrauen ihm, dass er einen bestimmten Weg für sie vorgesehen hat! Sie gehen nur nicht so oft in die Kirche, wie die älteren Generationen.

Bibelzitate im Jugend-Schlafzimmer

 

Im kleinen Dorf Naqalia auf Wayalailai hingegen gehen alle jeden Tag um 5 Uhr früh in die Kirche. Außerdem ertönt zusätzlich zu Mittag und abends die Dorfglocke, die zum Innehalten und Beten anhält, egal wo man sich gerade befindet. Der Sonntag ist komplett dem Herren gewidmet. Bereits am Samstagabend werden die Vorbereitungen getroffen: Blumenschmuck wird hergestellt und die Kirche geputzt. Am Sonntag ist den ganzen Tag Gottesdienst – es finden 4-5 verschiedene Messen statt. Auch die, die eher weniger Lust auf Kirche gehen haben, gehen aber zumindest in zwei Messen.

Neben dem Pfarrer ist auch der Dorfälteste die wichtigste Person im Dorf. Meine Hostmama hat mich gebeten, ihn zu erst zu grüßen und Respekt zu zeigen. Da sie mir nicht genau gesagt hat, wie ich das anstellen soll, habe ich mich herzlich bedankt, hier sein zu dürfen und von dem wunderbaren Dorf und den liebenswürdigen Menschen hier geschwärmt. Er konnte nur ein paar Worte Englisch (was ich ziemlich toll finde!), aber er hat mich herzlich angelächelt. Dürfte also gepasst haben.

Die Bewohner waren generell sehr aufgeschlossen und neugierig. Sie haben mich innerhalb weniger Stunden im Dorf aufgenommen. Ich kann nicht genau beschreiben, wie sie es anstellen, jemanden komplett Fremden in so kurzer Zeit so zu integrieren. Vielleicht lag es daran, dass sie auf Grund ihrer Neugierde gleich zu dir kommen, sich vorstellen und alles von dir wissen wollen. So wusste ich schon am ersten Nachmittag die meisten Namen der Dorfbewohner und konnte sie mit Namen begrüßen! Ich war auch niemals alleine! Sobald ich mich an den Strand setzte oder auch in die schattige Fale, setzte sich jemand zu mir und begann ein Gespräch. Somit fühlt man sich einfach total mit eingeschlossen!

Ungewohnt ist es natürlich schon, Privatsphäre gibt es keine. Als ich zum Bespiel vom Schnorcheln mit den Haien in das Dorf zurück kam, wusste bereits jeder wo ich war. Leute, die ich bis dahin noch nicht kennen gelernt hatte, fragten mich, wie meine abendliche Wanderung war und warum ich gleich noch einmal hoch geklettert bin. Ich fand es ziemlich amüsant und witzig, kann mir aber sehr gut vorstellen, dass es nicht immer einfach ist, wenn jeder immer alles weiß.

Andere Länder – andere Sitten. Aber genau aus diesem Grund liebe ich es ja auch zu reisen.

An dieser Stelle möchte ich auch noch erwähnen, dass ich das alles selbst heraus gefunden habe, in dem ich mit den Menschen auch tatsächlich gesprochen habe und hier in meinen eigenen Worten wiedergeben.

Mir ist aufgefallen, dass ciele Reisende, die ich dort getroffen habe, bei weitem nicht so neugierig waren wie ich. Ich denke auch, dass es mir hier sehr geholfen hat, auf dem Papier katholisch zu sein. Sie waren immer sehr begeistert, wenn sie heraus gefunden haben, dass wir der selben Religion, dem Christentum, angehören. Als sie auch noch meinen Namen hörten, waren sie sowieso begeistert. Es gibt nämlich auch einige ‚Magidalenas‘ auf Fiji!

Ich möchte auch noch einmal betonen, wie sehr ich die Zeit auf den Inseln, speziell in dem Dorf Naqalia genossen habe. Noch nirgends sind mir so offene und warmherzige Menschen begegnet. Ich wünsche mir wirklich, dass dem so bleibt und dass der Tourismus nicht überhand gewinnt. So lange sie gut davon leben können, ohne abhängig zu werden, denke ich, dass es spannend für die Reisenden und die Locals bleiben wird!

 

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