Die Südostküste der Südinsel

Von Akaroa kommend fahren wir diesen Abend noch ca. 200km bis zu einem Gratis Campingplatz in der Nähe von Temuka. Dort lege ich mich nach dem Einparken gleich hin, ich bin fertig. Das Wandern auf den 800m hohen Stony Bay Peak war zwar wunderschön, aber fordernd. Die Strecke hier her hat ihr Zusätzliches beigetragen, dass ich nur noch schlafen möchte. Und das tu ich auch. Lange. Bis Mittag des folgenden Tages. Zum Glück haben wir uns nichts besonderes vorgenommen und nehmen den Tag wie er kommt.

Von einem Freund weiß ich, dass es in Oamaru, etwa 110km südlich von unserem Nachtlager, Pinguine geben soll. Die wollen wir uns natürlich auf keinen Fall entgehen lassen, also machen wir uns auf den Weg zum Bushy Beach.

Was wir nur leider nicht bedacht haben: Pinguine sind während des Tages auf der Suche nach Nahrung im Meer unterwegs. Sie machen da auch für uns keine Ausnahme und so vergnügen wir uns mit dem Anblick der Seelöwen, die faul am Strand zwischen Treibgut herum lungern.

Zurück in der Stadt Oamaru wollen wir uns einen guten Kaffee gönnen und finden uns in einer Straße wieder, die auf den ersten Blick nur aus herabgekommenen Hallen besteht. Jedoch auf den zweiten Blick tun sich in diesen Häusern mit Liebe eingerichtete, oldfashioned Lofts auf. Cafés, Gallerien und Souveniershops, wir bekommen nicht genug davon! Daneben gibt es ein Steampunk-Headquarter, das man für 10$ Eintritt besuchen kann. Die ganze Stadt scheint dem Fabel verfallen zu sein, was sie ziemlich liebenswert macht.

Für uns geht es aber noch ein Stückchen weiter nach Hampden, wo wir in einem netten Campingplatz übernachten wollen. Der Besitzer weist uns noch darauf hin, dass in der Nähe des Leuchtturmes Pinguine sein sollen und dass sie jetzt um diese Zeit (es ist 19:00) schon zurück gekommen sein müssten. Die Chance heute noch die süßen Vögel zu Gesicht zu bekommen möchten wir natürlich wahrnehmen, also fahren wir noch einmal los. Und tatsächlich. Da sind sie, süße Yellow-Eyed-Pinguins. Wir kommen auch den Robben näher als gewollt, sie liegen einfach mitten im Weg. Zum Glück lassen sie sich von uns Menschen aber nicht beirren und schlafen gemütlich weiter.

Am Abend haben Manu und ich die glorreiche Idee, für mehrere Tage Pasta-Sauce vorzukochen. Wir schneiden und kochen, die Mitbenützer der Küche schauen uns bewundernswert an. Eine Frau traut sich dann zu fragen, „How many of you are coming for dinner?“. Auch wir müssen lachen, es sieht ja auch wirklich aus, als ob wir für einen ganzen Autobus aufkochen würden. Aber es schmeckt wirklich vorzüglich, Manu und ich schlagen uns den Bauch voll.

Wir kommen mit den anderen Campingplatzgästen ins Gespräch. Zwei Frauen, die gemeinsam durch Neuseeland reisen, sich aber erst vor einer Woche kennen gelernt haben, sitzen neben uns. Sie scheinen sich gut zu verstehen und lachen viel. Am Tisch daneben sitzt ein Pärchen, dass mit dem Rad unterwegs ist. Gestartet sind sie in Kambodscha. Über Thailand und Malaysia sind sie danach von Kuala Lumpur nach Auckland geflogen. „Der Verkehr ist hier in Neuseeland aber am schlimmsten“, meinen sie, „die Autofahrer sind hier einfach nicht an Radfahrer gewöhnt, in Asien nehmen sie von Haus aus Rücksicht auf Mopeds und andere Fahrer auf zwei Rädern.“ Klingt plausibel und gefährlich, wir sprechen Bewunderung aus. Wir unterhalten uns übers von zu Hause weg sein, was es mit einem macht, und wovor wir Angst haben, wenn wir wieder daheim ankommen. Während sich für uns ja innerlich einiges verändert und wir viel erleben, tut sich ja im Freundes- und Familienkreis ja so gut wie nichts. Führt das zu Verlorenheit und Verständnislosigkeit wenn man wieder zurück ist? Wir werden es auf jeden Fall alle noch früh genug erfahren. Wahrscheinlich sogar schneller, als uns allen lieb ist.

Sobald in der Früh die Ebbe es zu lässt, machen wir uns am Strand auf den Weg zu den berühmten Moeraki Boulders. Das sind kugelrunde Steine, die halb aus dem Sand schauen. Das Meerwasser spühlt sie aus der Erde, keiner weiß so wirklich, wo sie herkommen. Die Maori glauben daran, dass es sich um angespültes Frachtgut eines vor hunderten Jahren versunkenes Schiffes handelt. Die Wissenschaftler meinen, sie seien vor tausenden Jahren durch Erddruck mehrere Meter unter dem Meerschlamm entstanden. Sicher ist man sich aber auch hier nicht.

Zurück bei Jule machen wir uns erst einmal ein gutes Frühstück (Haferflocken mit getrockneten Früchten, Äpfeln und Hafermilch hat sich in unsere Herzen geschlichen) bevor es weiter in den Süden geht.

Dunedin heißt unser nächstes Ziel. Wir hoffen Albatrosse auf der Halbinsel vor der Stadt vorzufinden. Wir werden leider enttäuscht. Keine Riesenvögel. Die sind wohl auch gerade auf Futtersuche. Wir genießen die Aussicht und steigen gerade in unseren Van, als doch noch ein Albatross auftaucht und beginnt über dem Hügel und den Parkplatz seine Kreise zu fliegen. Für Fotos gab es leider keine Gelegenheit, wir sind aus dem Staunen über die Größe des Vogels nicht mehr rausgekommen.

Zurück in der Stadt fahren wir noch zur laut Guinness-World-Records zur steilstens Straße der Welt. Und was soll ich sagen, sie ist steil. Sehr sogar. Ein Auto quält sich neben uns hochtourig hinauf, die Bremsen dürften hier wohl nicht durchgehen.

Die Idee, morgen früh bei Sonnenaufgang beim Leuchtturm am Nugget Point zu sein, lässt uns nicht mehr los. Und so fahren wir noch den ganzen Weg von ca. 110km bis Owaka. Um halb 10 abends kommen wir an und gehen gleich schlafen, um am nächsten Tag fit zu sein.

Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, wie schwer es ist, sich vor Sonnenaufgang aus dem warmen Bett zu quälen um im Nieselregen einen Leuchtturm zu begutachten. Die Sonne versteckt sich wohl hinter den Wolken, aber wir genießen es, den Leuchtturm und die Nugget-Felsen darunter nur mit wenigen anderen Frühaufstehern teilen zu müssen.

Am Parkplatz kochen wir uns Kaffee und machen uns Müsli á la Haferflocken. Was gibt es besseres?

Gestärkt fahren wir weiter zum Purakaunui Wasserfall. Die Straße dahin ist nicht asphaltiert und wir wissen aus Tasmanien-Erfahren, dass wir erfolgreich in der Pampa gelandet sind. Aber das ist auch genau der Ort, wo Wunder geschehen, oder? Der Wasserfall jedenfalls hat etwas magisches. Die moosbehangenen Bäume und Felsen rundherum unterstreichen diesen Eindruck.

Weiter die Pampastraße finden wir den netten Ort Papatowai. Das Dorf fällt uns durch eine lebensgroße Puppe, die ein Schild mit der Aufschrift „Curios“ in die Luft hält, auf. „Lost Gypsy – Curios & Coffee“ steht am nächsten. Klingt äußerst spannend.

Beim Eingang begrüßt uns ein Telefon auf einem Holzpfahl, das uns erklärt worum es sich handelt. Wobei man eine Erklärung hierbei eigentlich nicht nötig hat. Man entdeckt es ziemlich schnell, wobei es sich nicht wirklich erklären lässt. Aber ich versuche es einmal: Ein Hobbybastler mit liebe zu schrägen Details, hat hier eine Ansammlung an mechanisch betriebenen Spielsachen für Erwachsene in einem Wagon zusammengetragen. Eine Spiralmuschel, die beim drehen in einer Schale gluckst, ein Zug, der einmal im Raum herum fährt und dabei bei Kontakt mit Schaltern Lichter aufblitzen lässt une eine Nasenzwickmaschine sind nur einiges davon. Man muss es einfach gesehen haben.

Vor dem Wagon sage ich zu Manu, ich hätte den Knopf bei dem Schild mit der Aufschrift „There are many temptstions in life, the button below is one of them…“ gedrückt, habe aber nicht gesehen, was dabei passiert sei, ob sie noch einmal drücken könnte. Die Süße drückt den Knopf natürlich mir zu Liebe. Ich kann mir nur leider ein herzhaftes Lachen nicht verkneifen, als aus einem Metallgesicht ein Wasserstrahl auf sie gespritzt kommt, der sie am Kopf nass macht. Ich liebe diesen Platz.

Da es leider wie verrückt zu regnen begonnen hat, sind wir weiter zu einem gratis Campingplatz am Slope Point, dem südlichsten Punkt der Südinsel Neuseelands, gefahren. Der Nebel hat uns dabei die Ausblicke der Strecke genommen. Wir haben den kalten Nachmittag zum Faulenzen und Filmschauen genutzt.

Auch am folgenden Tag hat es erst spät abends aufgelockert, und so haben wir uns den Tag mit Ukulele spielen und Schreiben vertrieben. Auch so ein gemütlicher Tag kann einmal was schönes sein.

endlich ein bisschen Sonne

 

Wir wissen noch nicht, wohin es als nächstes weiter geht, wir genießen es einfach Zeit für Dinge zu haben, die wir gerne machen. Ob es Hobbies sind, wandern oder Tiere beobachten, bis jetzt gefällt uns Neuseeland, auch wenn es schon ziemlich herbstelt.

 

Info zur bisher zurückgelegten Strecke:

Von Christchurch aus geht es für uns auf die Halbinsel Bank Peninsula in das Städtchen Akaroa (A), in der Nähe von Temuka (B) nächtigen wir, zügig geht es weiter nach Oamaru (C), wo wir das Steampunk-Viertel bestaunen. Nach den Moeraki Steinen fahren wir nach Dunedin, wo wir Albatrosse (D) beobachten und die steilste Straße der Welt begutachten. Nach bestaunen des Sonnenaufganges am Nugget-Point (E) haben wir Spaß im Wagon der Kuriositäten (F). Schlussendlich landen wir am Slope Point (G).

Gesamtstrecke bisher: 800km

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*