Ein Sandhaufen namens Fraser Island

Der Tag der Abreise aus Brisbane beginnt wie die anderen zuvor geendet hatten – im dezenten Chaos.

Der Bus ist für 6:45 vorgemerkt. Vorausplanend wie ich bin, habe ich alles gut getimed und mir etwas Reserve eingerechnet. Vom Hostel zur Busstation sind es nur wenige Meter, ich stehe also um kurz vor halb 7 an der Rezeption um auszuchecken und … es ist niemand da. Geschlossen. Was? Ich war fest von einer 24h-Anwesenheit ausgegangen! So war es eigentlich bisher in allen Hostels üblich, nicht hier. Scheinbar. Ich stehe also mit Gepäck, Teller, Besteck und meinem Bettzeug vor dem Eingang und fühle mich wieder einmal etwas verloren. Wäre ja zu einfach gewesen.

Ich entdecke eine Nummer an der Tür, die ich hoffnungsvoll anrufe. Ein verschlafen genervter Mann hebt ab: „Chill Backpackers Hostel!“. Von chillen keine Spur. „Good Morning, sorry to wake you up. I really need to check out, my bus leaves in 15 minutes and I need the deposit for the key and the plates back, please.“ – „Hang on. I’m coming down.“

Der verschlafene Mann öffnet mir erst 10 Minuten später die Tür, drückt mir die 20$ in die Hand, ich tausche das Bettzeug, das Geschirr und die Keycard ein. Er fragt weder nach Namen noch nach Zimmernummer, was mir etwas komisch vorkommt, aber ja. Ich muss zum Bus, verabschiede mich hastig und laufe los.

Der vermeintliche Bus ist ein Allrad-Geländewagen und ein paar Backpacker warten schon. Ich komme angelaufen und drücke dem Fahrer meine Rechnung für die Tour in die Hand. Er schnappt sich seine Liste mit den Namen. Mit allen Namen außer meinem natürlich. Ich weiß nicht was es ist, aber Brisbane scheint mir einfach nicht zu liegen… oder umgekehrt.

Der Fahrer mit Namen Jeff ruft bei der Zentrale an. Anscheinend haben sie die Buchung meines Reisebüros übersehen. Allerdings habe ich Glück, denn im Geländewagen ist noch ein Platz frei und so kann ich trotz der Unannehmlichkeiten mitfahren. Das Blatt scheint sich zu wenden.

Wir machen uns auf den Weg in Richtung Norden. Die Fahrt wird mindestens drei Stunden dauern, bleibt also genügend Zeit sich gegenseitig vorzustellen. Jeff wird von seinem 11jährigen Sohn begleitet. Vorne mit ihnen sitzt ein Mädl aus Hamburg, die zur Zeit als Au Pair in Brisbane arbeitet. Neben mir im hinteren Teil des Autos sitzt ein Hobby-Fotograf aus Schweden, mir gegenüber 2 weitere Mädls aus Deutschland, die für ungefähr einen Monat das Land bereisen wollen. Neben ihnen ein Pärchen aus Paris, dessen Eltern aus Kambodscha stammen. Auf halbem Weg in Noosa steigen noch 2 Burschen ein, ein Deutscher, der ständig kichert und lacht und ein Finne, der ursprünglich aus Israel stammt und hauptberuflich Fotograf ist. Es scheint eine spannende Gruppe zu sein.

Richtig spannend wird es aber, als Jeff in der Nähe eines Strandes stehen bleibt um Luft aus den Reifen zu lassen. „We’re going to drive on the beach now!“ AM Strand?? Klingt lustig! Wir fahren die ersten 500m bis zur Fährstation. Eines wird da gleich klar, mit einem normalen Auto hat man nicht einmal annähernd die Chance auf Fraser Island zu kommen. Die Fähre setzt uns über und auch hier – keine Straßen. Nur Sand. Weit und breit nur Sand. Unglaublich schön!

 

Fraser Island ist mit einer Länge von 124km und einer Breite von bis zu 25km die größte Sandinsel der Welt! Die Aborigines nennen sie K’gari, was so etwas wie „Paradies“ bedeutet, wobei es schwer ist, dies genau zu übersetzen.
K’gari ist ein weibliches Geisterwesen, das nach Schaffung des Paradises auf Erden erschöpft in einen Schlaf fiel. Sie bat darum hier bleiben zu können und wurde daher in die Insel Fraser verwandelt.
Seit 25 Jahren gehört die Insel zum UNESCO-Weltnaturerbe. Die komplette Ostküste ist ein einziger Strand, der 75-Mile-Beach, welcher wie ein Highway genutzt wird. Neben einigen Menschen leben auch einige Tiere, wie Dingos auf der Insel. Zwischen jahrtausende alte Sandschichten konnten sich Nitrate festsetzen, die die Vegetation nähren. Auf der Insel gibt es über 200 Süßwasserseen, die teilweise durch Grundwasser entstanden sind, welches durch den Sand gefiltert wurde und teilweise durch Sanddünen abgeschnittene Buchten. Die meisten Seen sind glasklar und trinkbar.

 

Unser erster Halt nach dem Beziehen des Camps ist der Wabby Lake. Ein See mitten im Wald, der langsam von einer Sanddüne „verspeist“ wird. Somit kann man direkt den Sandhügel hinablaufen und direkt in das Wasser springen. Das Wasser ist gelblich und es leben einige Fische in ihm. Trinken würd ich dieses hier nicht, aber als Spa kann man es allemal benutzen! Die Fische umringen uns gierig und futtern sich an unseren abgestorbenen Hautschüppchen satt. Ziemlich kitzelig!

Nachdem wir auch den Marsch durch die Hitze zurück zum Auto geschafft haben, geht es weiter zum Maheno Wreck, einem im Zyklon 1935 gestrandeten Luxusliner. Es sind nur mehr die oberen Decks sichtbar, der Rest wurde bereits von den Sandmassen verschlungen.

Ein Stückchen südlich davon liegt Eli Creek, ein Trinkwasserfluss. Die letzten Meter vor der Mündung kann man auf einem Steg entlangschlendern, um sich danach den Fluss hinuntertreiben lassen zu können. Das Wasser ist so kalt wie es aussieht, aber nach einem so heißen Tag lassen wir uns die Erfrischung nicht nehmen!

Als Abschluss dieses besonderen Tages dürfen wir noch ein besonderes Ereignis miterleben: einen Vollmondaufgang über dem Meer! Ich denke nicht, dass ich jemals einen Mondaufgang bewusst erlebt habe, und dann auch noch auf Fraser Island. Es ist wirklich wunderschön anzusehen!

Nach dem typisch-australischen Barbecue oder wie es die Aussies nennen „Barbie“, bei dem wir Vegetarier etwas auf die Schippe genommen werden, falle ich hundemüde in den Schlaf. Geweckt werde ich allerdings vom kalten Wind, der erbarmungslos durch das Zelt zieht. Kurz darauf um 5:00 müssen wir sowieso aufstehen, da heute aufgrund des Mondes die Flut früh und relativ kräftig ausfallen wird. Um 6:00 brettern wir bereits wieder über den Sand.

in der Früh finden wir eine junge Phyton im Camp vor, die laut Besitzerin jeden Tag hier auf kleine Vogerl wartet…

 

Dingos laufen in der sengenden Hitze auf der Suche nach Nahrung herum

 

Jeff zeigt uns den Platz eines ehemaligen Dorfes, in dem sein Großvater zur Schule gegangen war. Die Dorfbewohner haben damals das Holz geschlägert. Mit Pferden wurden die Stämme auf den Sandpisten rausgezerrt und danach zum Sägewerk im Meer stromabwärts getrieben. Gleich in der Nähe des Dorfplatzes liegt ein weiterer Fluss mit Trinkwasserqualität. Einfach unglaublich schön, wie sich das klare Wasser durch den Regenwald schlängelt.

Wir fahren eine sandige und buckelige Straße quer durch den Dschungel weiter zu dem wohl schönsten See, den ich je gesehen habe – Lake McKenzie. Ein klarer Grundwassersee, der durch den feinen Sand türkis wirkt. Das Wasser ist angenehm kühl und wir verweilen dort mehrere Stunden bevor wir uns wieder in Richtung Brisbane aufmachen müssen.

bumpy road ahead …

 

… uns schüttelt uns hinten durch, aber wir haben unseren Spaß 😀

 

Wir lassen die Insel traurigerweise hinter uns und holen uns in Rainbow Beach etwas zu essen. Damit die Rückfahrt nicht zu langweilig bleibt, fahren wir von dort bis Noosa wieder den Strand entlang. Zuerst bestaunen wir die Rainbow Bay, danach den 44-Miles-Beach.

 

 

 

Und danach ist es auch schon wieder fast vorbei. Das Mädls-Duo und ich treffen uns am Abend noch einmal am Pier in Brisbane, um Abend zu essen und das Erlebte zu reflektieren. Es ist schon erstaunlich, wie nicht einmal 2 Tage dazu beitragen können, fremde Menschen zu guten Freunden machen zu können. Und vor allem wie schnell fremde Menschen Hüllen fallen lassen können, um eine wundervolle Zeit haben zu können.

Und erst hier am Pier, am Sonntagabend ist mir aufgefallen, dass meine Reise-Unlust wieder umgeschlagen war. Alles was es dazu brauchte, war eine gute Zeit und ein paar Erlebnisse mit wunderbaren Menschen. Ich denke, es war auch etwas Auszeit vom „Planen“ der Reiseschritte und was man alles wo anschauen kann.

 

Doch genau das ist ja das tolle am freien Reisen. Jeder Tag bringt etwas Neues. Manchmal ist es Traurigkeit, manchmal ist es Freude. Manchmal reißt er alte Wunden auf und manchmal heilt er sie. Jeder Tag hat die Magie in sich etwas besonderes zu werden, man muss es nur zulassen.

 

 

Unsere zwei talentierten Fotografen haben die Erlebnisse auf Fraser Island in Bildern festgehalten und versprochen, sie mit uns anderen Teilnehmer zu teilen. Sobald ich die Fotos und das Einverständnis habe, möchte ich sie gerne hier mit euch teilen. Bleibt am Laufenden!

 

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