Einzigartige Fiord- und Berglandschaft rund um Milford Sound

Von Te Anau führt eine Art Sackgasse ca. 120 km in den Fiordland-Nationalpark hinein. Milford Sound heißt der berühmteste Fiord. Die umliegende Gegend, an der die Straße an den Fiord stößt, heißt genau so. Ich benenne es hier einmal als Gegend, Dorf wäre übertrieben. Es ist eine reine Ansammlung an Gebäuden für den Touristmus: ein Café, die Schiffstation und ein kleiner Flughafen. Aber man kommt ja auch nicht auf Grund der Architektur dort hin…

 

Te Anau liegt am gleichnamigen See und ist eine ruhige, nette Stadt. Manu und ich schlafen etwas weiter südlich am Monowai See. Beim Erkunden der Umgebung stoßen wir auf einen unglaublich schönen Wald. Das Moos bedeckt den kompletten Boden, nur ein schmaler Weg ist frei geblieben. Die Stimmung ist ruhig und ich habe das Gefühl, dass Wälder hier generell naturbelassener sind als zu Hause in Österreich. Bäume fallen um, wenn sie morsch sind, bleiben liegen und bieten ein neues zu Hause für kleine Tiere. Ein Vogel verfolgt uns auf Schritt und Tritt und scheint gar keine Berührungsängste zu haben. Wir nennen ihn Heinrich.

Beim Zurückfahren nach Te Anau kommen wir am Manapouri See vorbei. Wir jausnen und gehen ein Stück am See spazieren. Zurück bei Jule bemerken wir, dass wir alles brav zu gesperrt haben, nur den Kofferraumdeckel, den haben wir komplett offen gelassen. Gut, dass Neuseeländer freundliche und ehrliche Menschen sind.

Nachdem wir Te Anau hinter uns gelassen aben, fahren wir kurz am Seeufer entlang, bevor wir dem Fluss Eglinton folgen. Wir fahren mit Jule durch eine weite Landschaft, bevor sich die Straße durch ein engeres Tal schlängelt. Es wirkt, als würde man hier eine Schleuse zum Unesco-Weltkulturerbe passieren.

Und auf einmal wird es ganz weit. Eingekesselt von Hügeln und Bergen. Die Berge werden sichtlich höher und spitzer. Der sonnige Tag rundet den Eindruck ab – Willkommen in den südlichen, neuseeländischen Alpen!

Wir haben etwas recherchiert und bemerkt, dass die Campingplätze direkt in Milford Sound ziemlich teuer sind. So haben wir uns entschieden die Nacht noch etwas außerhalb zu verbringen und dafür morgen zeitig zum Fiord zu fahren. Des Campingplatz liegt am Gunn See und wird von der „DOC“ betrieben, dem „Departments of Conservation“, quasi den Aufpassern in den Nationalparks.

Die Nacht ist kalt. Viel zu kalt für unsere Verhältnisse. Wir haben all unsere warmen Klamotten angezogen und frieren im Schlafsack im Auto. In der früh knirschen die gefrorenen Grashalme unter unseren Schuhen. Und bevor wir weiter düsen wollen bemerken wir, dass nicht nur das Gras, sondern auch unsere Scheiben komplett gefroren sind. Außen und innen. Wir haben am Abend im Auto gekocht und uns so etwas eingeheizt. Dass die Feuchte anschlagen und frieren wird, daran haben wir nicht gedacht. Wie auch, gefroren hat es bis jetzt noch nie. Ich frage verzweifelt die bereits wachen Camping-Nachbarn, ob einer von ihnen zufällig einen Eiskratzer dabei hat. Sie alle lachen und schütteln den Kopf. Na gut, dann ist Improvisation angesagt. Ich durchwühle unser Zeug und finde den perfekten provisorischen Eiskratzer: unseren flachen Kochlöffel! Manche Situationen zwingen einen direkt zum kreativen Denken.

Zitternd fahren wir los. Die Sonne streift gerade erst die Spitzen der Berge, es kann also noch dauern, bis es etwas wärmer wird. Doch der Anblick der hervorleuchtenden Gletscher lässt jeder Kälte vergessen.

Kurz vor unserem Ziel müssen wir noch den „Homer Tunnel“ durchqueren. Nach den ersten Metern wird es spannend, es sieht aus, als würden wir in ein altes Bergwerk hinunter fahren. Der Tunnel ist alt, er besteht nur aus dem reinen Bergmassiv. Nur an einer Stelle, an der Wasser in den Tunnel sickert, wurde mit Blechbahnen etwas nachgeholfen.

Endlich erreichen wir Milford Sound. Nach einem Kaffeestop gehen wir zur Schiffstation weiter. Manu und ich haben für den Vormittag eine Schiffrundfahrt gebucht.

Es hat sich wirklich ausgezahlt! Die Sonne erreicht langsam die Wasseroberfläche und die Felsen beginnen zu leuchten. Überall stürzt Quell- und Regenwasser die Abhänge hinab und bilden wunderschöne Wasserfälle. Der Kapitän lässt uns wissen, dass sich bei Regen abertausende Fälle bilden. Es muss wunderschön sein und auch den schlimmsten Regentag zu etwas besonderes machen.

Wir haben überhaupt Glück, einen solch schönen Sonnentag erwischt zu haben. Die Gegend um Milford Sounds ist eine der regenreichsten der Erde!

Um die Gunst der (Sonnen-)Stunde auszunutzen, entscheiden wir uns spontan nach der Schifffahrt und nach einem kleinen Spaziergang am Fiord, gleich die Wanderung zum „Gertrude Saddle“ zu machen. Wer weiß, wie das Wetter morgen wieder wird!? Nach dem vielen Regen an der Ostküste und am Gemstone-Beach, sind wir etwas paranoid geworden, was das betrifft…

Zurück durch den „Homer-Tunnel“ liegt gleich danach der Parkplatz für den Wanderweg. Wir sind motiviert, denn wir haben so viel tolles über die Aussicht am Ziel gehört, haben uns aber ansonsten nicht weiter darauf vorbereitet. Wie immer halt… Wenigstens habe ich diesmal ordentliche Schuhe an, man lernt ja schließlich nicht aus!

Wir starten vom Parkplatz auf ca. 800 Höhenmeter und wandern die erste Stunde ein ehemaliges Gletschertal entlang, bis man ansteht und komplett von Bergen eingekesselt ist. Wir sind anfangs etwas verwirrt, geht es doch an jeder Seite steil bergauf. Doch da entdecken wir den steilen Weg bergauf.

Er ist nicht einfach zu gehen, die Steine sind teilweise lose und rutschen beim Auftreten gerne mit. Doch der Ausblick belohnt jeden einzelnen Schritt. Rasch kommen wir höher und überblicken bald das Tal. Neben uns stürzt rauschend glasklares Wasser hinab. Überall blühen Blumen. Die Luft ist kühl, doch die Sonne wärmt die Haut. Perfektes Wanderwetter.

Als wir erhoffen am Sattel angekommen zu sein, da doch die steile Wand scheinbar aufhört, werden wir überrascht. Ein dunkelgrüner Bergsee hat sich hier angesammelt, um den sich einige Wanderer zum Ausruhen gesetzt haben.

Der Wanderweg ist hier aber noch lange nicht zu Ende. Es geht steil einen Felsen hinauf. Der Stein ist ziemlich glatt, es wurde aber zur Erleichterung des Aufstieges ein Seil befestigt, an dem man sich nach oben handeln kann. Weiter geht es über Felsbrocken. Man muss sich seinen Weg selbst durch und über die Steine suchen, Stangen und kleine Steintürmchen helfen dabei, nicht die Richtung zu verlieren.

Und auf einmal sind wir da. Wir haben es geschafft. Angekommen auf über 1410 Höhenmeter, nach einer Strecke von nur 3,5 km, aber einer Überwindung von über 600 Höhenmetern, haben wir es geschafft. Erschöpft lassen wir uns in die warme Wiese sinken und genießen erst einmal unseren mitgebrachten Proviant und die atemberaubende Sicht über das Tal und den Milford Sound bis hin zum Ozean. Wir können uns kaum satt sehen.

Die voranschreitende Zeit zwingt uns doch noch umzukehren. Wir treffen einige Wanderer, die mit kompletter Zeltausrüstung heraufgekommen sind. Wir bewundernn und beneiden sie. Der Sonnenuntergang und auch der -aufgang müssen unglaublich schön sein. Leider können wir nicht auf den Sonnenuntergang warten, ein Abstieg im Dunkeln wäre zu gefährlich.

Das Hinabsteigen ist auch so schon nicht einfach genug. Wir rutschen immer wieder einige Zentimeter auf dem steilen, unbefestigten Schotter herum und kommen nur langsam voran. Der Weg scheint länger geworden zu sein. Aber wir geben nicht auf und schaffen es heil hinab.

Zurück im Tal setzt die Müdigkeit ein und wir taumeln wie in Trance zum Auto zurück. Nach 6 Stunden haben wir es geschafft.

Wir sind immer wieder stolz auf uns selbst und danken unseren Füßen, die uns munter durch die schönsten Landschaften tragen.

Wir fahren noch am Abend ein Stück die Straße zurück und übernachten am „Kiosk Creek“ des DOC. Wir sind zu erschöpft um ordentlich aufzukochen, aber Nudeln mit etwas Gemüsesauce geht immer. Solch ein Abendessen nach so einem aufregenden Tag fühlt sich einfach immer wieder wie ein Fest an.

In der Nacht ist es wieder etwas frisch, aber wir schlafen wie Babys und spüren die Kälte vor Erschöpfung kaum. Am nächsten Vormittag können wir uns am nebenan gelegenen Campingplatz duschen, das warme Wasser lockert die Verspannungen und ich will einfach nicht aus der Dusche. Wir überwinden uns aber doch noch aus dem dampfenden Raum in die kalte Außenluft zu steigen und fahren noch kurz zum Mirrorlake. Der perfekte Abschluss für die vielen wunderbaren Eindrücke im Fiordland-Nationalpark.

 

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