Milford Sound liegt hinter uns. Wir verbringen einige Tage auf einem Gratis-Campingplatz mitten in einer kleinen Stadt namens Lumsden. Gegenüber liegt ein kleiner Supermarkt und eine kleine Bücherei, die auch in der Nacht ihr freizugänglichen W-Lan nicht abschaltet. Ich brauche etwas Auszeit vom Fahren. Und etwas Zeit um Nachzudenken. Über mich.
Ich denke über meine 5-wöchige Reise durch Südostasien nach. Sie ist bereits ein paar Jahre her, 4 Jahre um genau zu sein. Ich hatte meine Reise schon gebucht, als ich meinen damaligen Freund kennen lernte. Wir dachten, dass die paar Wochen uns nichts anhaben konnten. Uns nicht, aber mir. Ich lebte wärend dieser Reise sehr im Moment. Meine Mails und Nachrichten an ihn wurden seltener und meine Gefühle für ihn weniger. Er war zu weit weg.
Als er mich beim Heimkehren vom Flughafen abholte, freute ich mich nicht ihn wieder zu sehen. Ich wollte lieber wieder zurück. Ich wollte keine Umarmung. Ich musste erst das Erlebte verarbeiten, bevor ich seine fremdgewordene Nähe wieder zulassen konnte.
Als meine Gefühle für ihn nach mehreren Wochen nicht wieder zurück kehrten, beendete ich die Beziehung. Ich war gerade erst 20 und wollte erst mich selbst besser kennen lernen, bevor ich mich auf etwas Ernsthaftes einlassen wollte.
Bei meiner großen Weltreise, dachte ich, würde mir das bestimmt nicht wieder passieren.
Aber man kann nichts planen, schon gar nicht das Leben.
Kurz vor meinem Abflug habe ich jemanden kennen gelernt. Klassiker. Er wusste vom ersten Moment an, dass ich nicht mehr lange da war, denn ich wurde ihm mit den Worten „Das ist die Magdalena, die macht in 6 Wochen eine Weltreise!“ vorgestellt. Natürlich der totale Flirt-Killer, danke dafür. Er aber fand mich anscheinend interessant genug, um darüber hinwegsehen zu können.
Wir trafen uns oft und ich unterdrückte meine Gefühle gekonnt. Lautet doch das ungeschriebene Gesetz vor einer Langzeitreise „Verliebe dich nicht!“, sogar auf der berühmten Weltreise-Info-Website steht es in der To-Do-Liste geschrieben. Welch Ironie des Lebens…
Er brachte mich am letzten Tag nach Wien und da war es, das Gefühl von Wehmut, von Traurigkeit, von Zweifel. Mache ich das Richtige? Soll ich wirklich genau jetzt in unserer Kennenlernphase wegfahren?
NATÜRLICH!!
Die Chance auf solch eine Reise gibt es vielleicht nur einmal im Leben! Wegen einem Typen lass ich die doch nicht vergeuden!
Aber dieser Typ gab keine Ruhe, im positiven Sinne. Wir schrieben viel, telefonierten oft und skypten, wenn es die Internetverbindung zuließ. Schussendlich buchte er sogar für kurz nach Weihnachten einen Flug, um bei mir auf Bali sein zu können.
Mein Urlaub auf Bali mit meiner Familie und meinem Quasi-Freund war wunderbar. Es war eine angenehme Zeit des Erholens. Als ich kurz vor Silvester krank wurde, stand er mir zur Seite. Nachdem meine Familie abgereist war buchte er für uns noch eine kleine Villa und wir genossen die Zeit zu Zweit im Paradies.
Es war fast schon zu perfekt. Der Abschied fiel schwer.
Seine Nachrichten danach wurden weniger, es wurde ruhiger zwischen uns.
Als Manu und ich in Lumsden ankamen, bekam ich auch seine Nachricht, dass er mit der Distanz zwischen uns einfach nicht umgehen könne und es ihm zu schwer fällt, dass ich nicht greifbar sei.
Nun sitze ich also hier. Draußen regnet es und es fällt mir schwer, meinen inneren Sonnenschein aufrecht zu erhalten.
Das, wovor ich am meisten Angst hatte und ich mich bemühte nicht eintreten zu lassen, nämlich dass ich mich komplett im Reisen verliere und auf eine bestimmte Person zu Hause vergesse, war nicht eingetreten. Das Leben spielt seine Lektionen verdammt geschicḱt aus, es schlägt einen Haken und kommt von hinten. Er hatte in seinem stressigen Alltag keinen Platz mehr für mich.
Kann eine Langzeitreise und eine Beziehung überhaupt gleichzeitig funktionieren?
Beim Reisen trifft man meistens auf zwei verschiedene Arten von Pärchen: die einen, die während des Reisens gemeinsam erblühen und harmonisch die Zeit genießen und solche, die andauernd streiten und etwas am anderen auszusetzen zu haben.
Schon Mark Twain hat gesagt:
Es gibt kein sichereres Mittel festzustellen, ob man einen Menschen mag oder nicht, als mit ihm auf Reisen zu gehen.
Auch alleinreisende Mädls wie ich, haben mit einigem zu kämpfen. Sie verlieben sich auf Reisen in einen anderen Reisenden, der natürlich bald wieder in einem anderen Land ist, sie versuchen mit dem langjährigen Partner zu Hause eine gemeinsame Zukunft aufzubauen (während die größte Hürde meist die Zeitverschiebung und die Internetverbindung ist) und sie versuchen die frische Liebe des kurz vor Reisebeginn kennengelernten Mannes aufrecht zu erhalten.
Ich glaube fest daran, dass es funktionieren kann, wenn sich beide gleichermaßen Vertrauen und Zuversicht schenken, wenn beide gleichermaßen eine gemeinsame Zukunft wollen. Und ich bin mir sicher, dass eine Reise der einen Paarhälfte auch eine Chance für die gemeinsame Beziehung sein kann.
Vielleicht denken sich jetzt einige von euch, „Tja, selbst schuld, verliebst dich halt vorher nicht!“ oder „Gehst halt nicht auf Reisen, wennst in einer Beziehung bist!“.
Meine Lieben, die das denken! Leider kann weder jemand Gefühle für eine bestimmte Person verdrängen noch erzwingen und bitte urteile nicht, wenn du noch nie gereist bist. Reisen ist eine besondere Chance die Welt zu erleben, die man sich nicht entgehen lassen sollte, auch nicht, wenn man in einer Beziehung mit jemanden ist, der Reisen als nicht so wichtig empfindet.
Genau so wenig kann ich böse auf ihn sein. Ich bin sehr dankbar für die besonderen Momente, die wir hatten, dankbar, für den wundervollen Urlaub und seine Aufmerksamkeit. Niemand kann seine Gefühle erzwingen und das ist okey so.
Ich verstehe ihn sehr. Wie erwähnt, war es meine größte Angst, dass es mir so ergeht. Es ist schwierig, jemanden einen wichtigen Platz in einem Leben voll Alltag zukommen zu lassen, den man so gut wie nie zu Gesicht bekommt, jemanden, der sich auf der anderen Seite der Welt befindet.
Nun sitze ich hier. Die Regentropfen prasseln auf das Autodach von Jule. Traurig, dass wir nicht gleichermaßen kämpfen konnten und dankbar für die schöne Zeit, dankbar für die Lerneinheit des Lebens.
Ich wünsche allen verliebten Reisenden, wo auch immer der oder die Glückliche gerade sein mag, nur das Beste! Gebt nicht auf, es lohnt sich zu kämpfen! Auch wenn die Beziehung nicht halten sollte ist es besser zu wissen, alles dafür gegeben zu haben als es nie probiert zu haben!
C
Ja, das ist sicherlich nicht einfach, liebe Magdalena. Die Liebe ist ja bekanntlich ein seltsames Spiel, wobei Fernbeziehungen am ehesten funktionieren, wenn die Zeitverschiebung zwischen den Aufenthaltsorten gering ist (Studien haben dies bestätigt). Ich habe eine Fern-Liebesbeziehung über 10 Monate lang mit zwischenzeitlichen Kurzbesuchen hinter mir (1h Zeitverschiebung). Es hat funktioniert. Dies war allerdings noch vor dem digitalen Zeitalter, das heißt, das Warten auf Skype-/Facebook-/E-Mail-/WhatsApp-Nachrichten war nichtexistent. Ich wartete ’nur‘ auf den Briefträger und ab und zu gab’s einen Anruf (war aber ziemlich teuer). Heute habe ich mit meinem Liebespartner eine Vereinbarung, nicht länger als 1 Monat voneinander getrennt zu leben. Beides waren/sind allerdings Liebesbeziehungen, die vor dem Fernbeziehungsstatus schon einige Jahre funktioniert haben.
Alles Liebe in die Ferne!
A
Liebe Magdalena,
ich liebe es wie du schreibst, du drückst dich so gut aus dass man sich so gut einfühlen kann.
Ich persönlich glaube nicht dass eine Fernbeziehung auf Dauer funktionieren kann. Wir leben im Moment und brauchen des öfteren ganz plötzlich Nähe, Wärme, Zuspruch und Liebe. Das ist bei einer Distanz nicht möglich. Es kann aber durchaus sein dass es trotzdem für manchen passt, wir sind alle unterschiedlich und jeder tickt ein bisschen anders. Die Liebe ist voller Möglichkeiten und bunt. Während einer Reise wird es glaub ich nochmal bunter denn bei den vielen Eindrücken und Erlebnissen. Ich drücke dich ganz fest 🙂 Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele:
Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Kultur und Reisen.
Darum, Mensch, sei zeitig weise!
Höchste Zeit ist’s! Reise, reise!